Es geht eine Träne auf Reisen

Ein Kommentar von Cluse Krings

Die vergangenen Tage sahen einen Wanderzirkus durch den Nahen Osten ziehen,
einen einsamen Mann in einem riesigen Flugzeug.

Wo immer er seine Solo-Show anbot, hatte er dieselbe Message: 

Der Konflikt dürfe nicht ausufern.

Eine Journalistin vertraute dem Fernsehsender Aljazeera ihre Belustigung an, dass auf
palästinensischem Boden Menschen in Stücke gerissen würden, von Betondecken erschlagen,

auf den nackten Fliesen funktionsuntüchtiger Krankenhäuser verbluteten,
während Antony Blinken Sorge trage, das werte Publikum und die Co-Financiers dieses
Massakers zwei Flugstunden weiter nördlich bloß nicht zu behelligen.

Was nun hatte der Alleinunterhalter im Gepäck? Den dringenden Appell an die Anrainer,
nicht schon jetzt loszuschlagen, sondern zu warten, bis auch sie an der Reihe seien von
Israel überfallen und in Grund und Boden gebombt zu werden. Im Fall des Libanon erfolgen
die Bombardierungen praktisch zeitgleich mit diesen Friedensrufen. Von gezielten Ermor-
dungen ganz zu schweigen. Jordanien sollte sich sehr genau anschauen, wie es dem Libanon
ergeht. Schließlich können bibelfeste Zionisten auch jenseits des Jordans Ortsnamen aus-
machen, die sie aus ihrer Folklore kennen. Ganz nebenbei ergriff der Friedensengel unver-
hohlen Partei für die Mörderbande in Tel Aviv: Die Anklage Südafrikas vor dem Internationalen
Gerichtshof gegen Israel wegen des Vorwurfs des Völkermords störe den Friedensprozess.
Ach ja, und einige Krokodilstränen hatte der US-Außenminister auch noch an Bord für die
ermordeten Aljazeera-Journalisten. Als hätten die Amerikaner im Iraq 2003 diese unschöne
Tradition nicht selbst etabliert, als sie einen Panzer auffahren ließen und das Hotelzimmer
der Aljazeera Crew gezielt unter Beschuss nahmen.

Ist mithin dieser emsige Antony Blinken gar kein neutraler Sachwalter, auf dessen Expertise
als wichtigsten Diplomaten der Welt die Staatschefs des Nahen Osten bauen können?
Nein, natürlich nicht! Antony Blinken ist Jude — der ägyptischen Präsident al-Sisi sagte es
ihm anstelle einer höflichen Begrüßung auf den Kopf zu — und in seiner amtlichen Funktion
mit Netanyahu, Ganz und Gallant der gemeinsamen Sache der Vertreibung, ethnischen
Säuberung und des Völkermords verpflichtet. Er lenkt bloß die Augen der Weltöffentlichkeit
ein wenig ab und liefert im Hintergrund weitere Waffen für die gemeinsame gute Sache,
sogar völlig illegal am Kongress in Washington vorbei.

Und was tut Frau Baerbock? Sie hat sich all die wohlklingenden Leerfloskeln des Herrn
Blinken auf einen Zettel geschrieben und trägt ihr Plagiat nun auf einer eigenen Tournee
mit derselben Intention vor. Feministische Außenpolitik. Außerdem hat sie einige Kleinig-
keiten für die Kinder im Gepäck und wird im deutschen Fernsehen dafür als eine Art
Mutter Teresa der Bombertrichter gefeiert.

Und was tun wir? Solange in unserem Land nichts knall und zischt, sind die Palästinenser
uns Schnuppe. Im Gegenteil: Der laufende Völkermord ist von unseren Medien und Politikern
zu einem ausgesprochen moralischen Akt deklariert worden. Und falls dann am Ende doch
was „überschwappen“ sollte, werden wir aus allen Wolken fallen und wieder von nichts
gewusst haben.

P.S.: Die Anhörung läuft zu dieser Stunde und ist live zu sehen unter:
https://webtv.un.org/en/asset/k11/k11gf661b3