Jochen Kirchhoff, Berlin
Wo sind wir? Anmerkungen zu einer nicht-trivialen Frage…
Wir leben auf der Oberfläche einer Kugel, die mit erheblicher Geschwindigkeit durch die kosmische Nacht jagt. Was immer geschieht, was immer wir tun und unterlassen, erleben und erleiden, aufbauen und zerstören usw., es vollzieht sich auf dieser dahinrasenden Kugel, auf dem „Raumschiff“ Erde. Die Erdbewohner, so scheint es, haben mehrheitlich die nähere oder weitere kosmische Umgebung irgendwie aus ihrem Bewusstsein ausgelagert. Da gibt es das Tages- und das Nachtgestirn, andere Gestirne, die ihre Bahn ziehen, es gibt das kosmische Licht und das Dunkel, die strahlende Majestät des Tages und die gelegentlich beunruhigende Majestät der Nacht. Doch beides wird nicht als ontologische Seinsgröße in eigener Würde und Tiefe betrachtet, sondern als letztlich anonymes, blind ablaufendes Geschehen, über das man nicht tiefer nachdenken muss, mit dem es also metaphysisch gar nichts auf sich hat. Und auch haben kann.
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Wir stehen zwar unverlierbar in kosmischen Erlebnisfeldern, doch für die meisten Menschen in der herrschenden Intellektualkultur spielt dies erst einmal eine verschwindend geringe Rolle, im Vergleich mit dem, was sie als das allein Wichtige und Wesentliche betrachten, nämlich ihre unmittelbare Lebenswelt auf der Gestirnoberfläche, ihren Erfahrungshorizont, ihr Wünschen und Wollen, ihr Leiden und Vieles mehr. Was als kosmisch ins Bewusstsein tritt, ist allenfalls die sog. Astrologie oder das kosmologische Narrativ, das die herrschende abstrakte Naturwissenschaft in die Köpfe verpflanzt hat und welches mittlerweile eisern dort verankert ist. Dieses weitgehend tote Bild der kosmischen Umwelt ist wie eine gespenstische Folie hinter allem, was hier abläuft. Manchmal und manchen kommt der Verdacht auf, dass hier irgendetwas seltsam ist und vielleicht falsch oder verkürzt oder einseitig interpretiert wurde. Doch schnell wird dieser Argwohn wieder erstickt. „Die“ Wissenschaft hat uns schließlich, alternativlos, erklärt, wie wir den Kosmos zu sehen haben und wie er uns als belegbar real umgibt. „Belegbar real“? Stimmt das wirklich? Kann man nicht vieles auch ganz anders sehen? Diese Frage wird selten gestellt, aber sie drängt sich eigentlich jedem ernsthaft Denkenden früher oder später auf. Oder, oder?
In dem, was ich hier und im Folgenden schreibe, pulsiert ein Ahnen um dieses „Ganz-Andere“. Und das Problem der Wissenschaft und diese Weltkrise werden nicht nur immanent oder isoliert betrachtet, sondern geistig-kosmisch, ohne dass ich mich nun aufgerufen fühle, den „anderen Blick“ in meiner Wahrnehmung und in meinem Denken hier breit darzustellen. Nur ein sanftes Hintergrundrauschen, eine Art kosmisches Raunen ohne Sprache, ist diesem Essay unterlegt und von ihm nicht abzulösen. Das mag den einen oder anderen irritieren, aber es wäre unredlich, wenn ich diesen „anderen Blick“ verschwiege, der auch als eine Art Arbeitshypothese durchgehen kann… Ja, er ist eine Arbeitshypothese, kein Phantasma. Vielleicht auch eine metaphysische Prämisse, erkenntniskritisch gesprochen, eine Art metaphysische Setzung, für die es gleichwohl empirische Indizien gibt.
Corona – es fehlt etwas…
Von Anfang an habe ich die sog. Corona-Krise auch als geistige Herausforderung begriffen. Ich wollte verstehen, auch in philosophischer Hinsicht, worum es eigentlich geht, „was hier gespielt wird“. Dass das offizielle Narrativ nicht stimmen konnte, war mir früh klar. Das zu erkennen, war vergleichsweise einfach. So viele Widersprüche, Ungereimtheiten, ungestützte Behauptungen, unsinnige, aber als sinnvoll, ja notwendig deklarierte Maßnahmen, ein autoritärer Gestus von nachgerade verblüffender Simplizität und Chuzpe unter dem Deckmantel der Wissenschaft und der sog. Alternativlosigkeit u.v.m. waren nicht zu übersehen. Das war und ist zunächst verwirrend. Wie war und ist so etwas möglich, und dies in globalem Maßstab? Wie konnte es dazu kommen?
Darüber ist viel geschrieben worden. Es gibt erhellende und kluge Betrachtungen, von denen ich viel gelernt habe. Die Front der „Corona-Skeptiker“ oder „Maßnehmen-Kritiker“ hat da Substanzielles zutage gefördert. Doch hatte ich stets den Eindruck, dass Wesentliches nicht erkannt und verstanden worden ist. Eine Feststellung, die ich nicht leichtfertig oder besserwisserisch so formuliere, sondern aus jahrzehntelanger Erfahrung heraus auf dem Feld der sog. Wissenschaftskritik, die ich in Büchern, Essays und Videobeiträgen der Öffentlichkeit präsentiert habe. Meine Kritik an der herrschenden Naturwissenschaft (und um diese ging es mir primär) war und ist im Wesentlichen Grundlagenkritik. Ich hatte schon vor Jahrzehnten den Eindruck gewonnen, dass es gerade daran auf ganzer Front mangelte, dass kaum jemand an dieses „heiße Eisen“ heranging. Warum? Weil einem hier, wenn man konsequent an die (im Letzten metaphysischen) Fundamente rührt, an die meist unhinterfragten Prämissen und Axiome, auf denen das ganze imposante Gebäude der abstrakten Naturwissenschaft ruht, ein eisiger Wind entgegenweht. Der Schluss liegt nahe, dass hier eine Art Tabu vorliegt. Hinzu kommt bis zu einem gewissen Grade die verständliche Angst, sich lächerlich zu machen und im Zusammenhang damit ausgegrenzt zu werden, seine Reputation (wenn diese denn vorhanden ist) einzubüßen und quasi abzustürzen. Ich muss das hier nicht weiter vertiefen.
Globale Bewusstseinskrise oder: „Erkenne die Lage“
Zunächst möchte ich noch anmerken, dass ich die Corona-Krise, wie viele andere auch, als Teil einer noch nie dagewesenen Weltkrise betrachte, die sich als Grundlagenkrise unseres gesamten In-der-Welt-Seins verstehen lässt, als Bewusstseinskrise, oder auch, wie ich gelegentlich sage, als psycho-kosmologische Krise, die uns allen schwer zu schaffen macht und uns, in unterschiedlichen Graden, auch neurotisiert, wenn wir ehrlich sind. Keiner kommt hier ungeschoren durch.
„Erkenne die Lage“ heißt ein Essay von Gottfried Benn aus dem Jahr 1944. Das will ich hier, bezogen auf die Weltkrise „seit Corona“, versuchen. Die globale Lage zu erkennen, auch in der komplexen Vielfalt der ineinander greifenden, oft schwer zu durchschauenden Faktoren, erscheint mir unverzichtbar, obwohl es da natürlich Grenzen gibt, zumal auch übergreifende geistige Faktoren einschießen, die meist gar keine Beachtung finden, weil sie den engen Horizont der herrschenden Bewusstseinslage überschreiten und schnell als „esoterisch“ oder „astrologisch“ abgewertet werden. Dieses Risiko muss ich eingehen, obwohl ich hier ausschließlich als Philosoph und seit Jahrzehnten um echte Erkenntnis bemühter Denker schreibe.
Wissenschaft als Religion
Mir fiel schon im Frühjahr 2020 auf, dass viele das, was ihnen als Wissenschaft galt, wie eine Monstranz oder wie die berühmte Bundeslade vor sich hertrugen. Seit langem ist ja unübersehbar, dass Wissenschaft zu einer Art säkularer Religion geworden ist mit Ex-cathedra-Erklärungen, die den Verlautbarungen kirchlicher Würdenträger in nichts nachstehen. Der dogmatische Gestus, auch bei, sagen wir vorsichtig, kühnen oder auch windigen Thesen ist gelegentlich atemberaubend und verblüffend. Übrigens geht es in erster Linie um die Naturwissenschaft, die als primär abstrakte Naturwissenschaft die Grund- und Leitwissenschaft der Intellektualkultur darstellt, vor der die „Laien“ oft bewundernd und staunend stehen. Am schönsten, wenn sie mathematisch (und damit für die meisten erst einmal unverständlich), besser noch als Computersimulation daherkommt, deren Prämissen und Axiome nicht mitgeliefert werden. (Meist sind sie den betreffenden Forschern selbst nicht bewusst.) Der moderne/postmoderne Zeitgenosse ist mehr oder weniger wissenschaftsgläubig. Er gibt sich aber in der Regel als Skeptiker („mir kann man nichts erzählen“), gut informiert, urteilsfähig und wachen Geistes.
Die Realität sieht oft ganz anders aus, auch (aber nicht nur) deswegen, weil die Möglichkeiten der direkten und indirekten Beeinflussung durch die Medien mittlerweile so ausdifferenziert sind, dass der Einzelne erst einmal überfordert ist und ihm zudem die Kriterien fehlen, einen ihm als Faktum nahegelegten Sachverhalt adäquat zu beurteilen. Zumal dann, wenn es um Dinge geht (und das ist meistens der Fall), zu denen ihm der unmittelbare Erfahrungshintergrund fehlt. Das Spektrum der direkten Erfahrung des je Einzelnen ist sehr schmal; das meiste ist angelesen, unkritisch übernommen, je nach der eigenen Ideologie im Gepäck aufgegriffen oder als „auf jeden Fall falsch“ zurückgewiesen. Das Meer der Meinungen ist unabsehbar groß. Ein Wort im „Faust“ mag hier eine gute Ergänzung sein: „O glücklich, wer noch hoffen kann/aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!/Was man nicht weiß, das eben brauchte man,/und was man weiß, kann man nicht brauchen.“
Hinzu kommt die Macht der Autorität von Persönlichkeiten und Institutionen, die ein Renommee aufweisen und damit als vertrauenswürdig gelten. Sich davon abzugrenzen und das Eigene kritisch dagegenzustellen, erfordert einen Einsatz, der in der Regel gar nicht zu leisten ist und daher nur selten geschieht. Gerade bei der Wissenschaft und ihren Annahmen und Behauptungen ist dies ein Problem, das oft unterschätzt wird. Außerdem: Nur derjenige grenzt sich ab und hat auch nur das Bedürfnis danach, der den Verdacht hegt, hier stimme etwas nicht, hier sei etwas „faul“. Dann wird verschärft nachgehakt und nach Schwachstellen gesucht, die man zu entkräften versucht, um so das ganze Narrativ zu Fall zu bringen. Wichtig ist immer: Ohne eine tragfähige Alternative hängt jede Kritik in der Luft. Das heißt nicht, dass diese Alternative nun alles abdeckt und sozusagen alles erklären kann, was aber oft erwartet wird. Ein heikles Feld…
Das sind eigentlich sattsam bekannte Dinge. In der Corona-Krise zeigte und zeigt sich dies aber wie in einem Brennglas. Zu den meisten Themen gibt es unzählige sog. Studien. Wer einer bestimmten Auffassung zuneigt, wie immer diese zustande gekommen ist, wird nur dem Aussagewert derjenigen Studie vertrauen, die ihn bestätigt, und die anderen ablehnen oder mit Misstrauen betrachten. Außerdem gibt es sozusagen epochale Irrtümer, die den Einzelnen übersteigen. Sind diese Irrtümer lange genug akzeptiert und verbreitet, haben sie eine eigene Trägheitskraft, gegen die erst einmal wenig zu machen ist. Wer sie anzweifelt,sieht sich schwersten und gelegentlich existenzvernichtenden Anfeindungen ausgesetzt. Und da hilft es zunächst wenig, wenn sich irgendwann herausstellt, dass er richtig lag.
Kollektive Irrtümer
Die Wissenschaftsgeschichte ist immer auch die Geschichte kollektiver Irrtümer, ja Wahnvorstellungen, an denen eisern festgehalten wird. Wichtig ist, dass wissenschaftliche „Meinungen“ oder „Dogmen“ nicht loszulösen sind von einem eher diffusen Weltbildkontext, der immer mitläuft. Dieser Weltbildkontext muss gar nicht direkt ins Bewusstsein treten; er kann implizit gegeben sein und ist es auch oft. Das lässt sich an großen wissenschaftlichen Kontroversen zeigen, etwa an dem Briefwechsel des Newton-Schülers Samuel Clarke mit Leibniz von 1715/16. Hier ging es zentral um Raum, Zeit, Kausalität und Gott, um das Absolute und das Relative. Wer den Briefwechsel komplett durchliest, der auf hohem intellektuellen Niveau geführt wurde, der gelangt ohne großen Scharfsinn zu der Schlussforderung, dass beide Kombattanten (Clarke für seinen Meister Newton) im letzten keinen Millimeter von der gleich zu Anfang vertretenen Überzeugung abgewichen sind. Keiner kann den anderen von der eigenen Sicht überzeugen. So endet die Partie im Patt, wenn man geneigt ist, das so zu sehen. Natürlich bewerten Kommentatoren den Wettstreit nach Maßgabe ihrer eigenen Grundannahmen oder von dem aus, was sie zu wissen glauben.
Ist der Raum absolut, also immer da, auch wenn er nichts enthalten würde (Newton), oder gibt es ihn nur, insoweit Gegenstände in ihm vorhanden sind (Leibniz)? Welche Qualität hat der Raum? Wie steht der Raum zu Gott? Beide Antagonisten argumentieren durchgängig mit der Allgegenwart Gottes. Existiert Gott unabhängig vom Raum, hat dieser also eine eigene, quasi außergöttliche Realität, oder gibt es ihn, also den Raum, eigentlich gar nicht (wie die idealistischen Denker, Kant vor allem, annahmen)? Usw.
Oder die Kontreverse zwischen Niels Bohr, repräsentativ für die Quantentheoretiker, und Einstein. Beide hatten ein grundsätzlich anderes Verständnis von Wirklichkeit. Der quantentheoretische Ansatz, konsequent weitergedacht, löst den traditionellen Objektbegriff vollständig auf; es bleibt etwas Diffuses, Nebelhaftes, das nur mathematisch-akausal zu fassen ist. Einstein hielt dagegen, dass „Gott nicht würfelt“; er argumentierte an dieser Stelle ganz realistisch und von der herkömmlichen Kausalität aus…
Ich selbst, um das eingangs Angedeutete einen kleinen Gedankenschritt weiterzutreiben, gehe von einem ganz anderen Wirklichkeitsverständnis als dem der abstrakten Naturwissenschaft aus. Ich setze die Prämisse der umfassenden Lebendigkeit und tieferen Sinnhaftigkeit des Kosmos. Überall ist Gaia, ließe sich vereinfachend sagen. Die Menschen auf diesem Planeten und auf unzähligen anderen Gestirnen sind integrale Teile der Weltseele und des unendlich-ewigen Weltalls. Wir blicken in den Kosmos, doch, was kaum bedacht wird, dieser Kosmos blickt gleichsam zurück. Daran zerschellt jeder Monolog. Wir sind umfassend Angeblickte, auch wenn wir glauben, wenn wir unsere leistungsstarken Fernrohre in das nächtliche Firmament stoßen, dass wir nur eine tote Objektwelt vor uns haben, die mit uns in der Tiefe gar nichts zu tun hat,die uns und der wir total gleichgültig sind.
Das „Du-bist-nicht-gemeint-Universum“ der herrschenden Kosmologie ist nach meiner Überzeugung eine Illusion. Ich komme auf diesen Aspekt zurück.Als lebendige Bewusstseinswesen sind wir eingebettet in ein umfassend lebendiges und bewusstes Universum. Leben und Bewusstsein erwachsen aus Leben und Bewusstsein. Dass Lebendiges aus Totem entsteht, ist nie beobachtet worden…
Wie entstand die Wissenschaft? Die suggestive Kraft des Abstrakten
Hier ist es angebracht, etwas zu sagen über Wesen und Ursprung dessen, was als Wissenschaft galt und gilt. Dazu bedarf es eines kurzen Blicks in die Wissenschaftsgeschichte. Die neuzeitliche Naturwissenschaft als strukturell abstrakte Erkenntnissuche entstand im späten 16., frühen 17. Jahrhundert als Antwort auf die Herausforderung des Kopernikanismus. Kopernikus verstand sich in erster Linie als Mathematiker. Der von ihm vorgenommene Platztausch von Erde und Sonne (vereinfacht gesagt) enthielt keinen Hinweis auf die hier mitzuliefernde Physik des heliozentrischen Ansatzes. Die schwierigste und am meisten beunruhigende Frage war diese: Wenn sich die Erde (und das musste ja angenommen werden) rasend schnell bewegt, warum merken wir nichts davon? Warum ist die irdische Wahrnehmung einschließlich dessen, was als Physik galt und gilt, wie abgeschottet gegenüber dieser „entfesselten Erde“ in ihrem rasenden Lauf um die Sonne? Nebenbei bemerkt: Diese Frage kann einen auch heute noch ins Grübeln bringen oder in Verwirrung stürzen. Ist sie überzeugend beantwortet worden? Keineswegs, wie ich umfassend bewiesen zu haben glaube.
Die nachkopernikanische Physik, als deren Vollendung zunächst die Newton’sche Himmelsmechanik galt (nicht rundum identisch mit der Physik von Newton selbst, wie man weiß), gab darauf eine eher abstrakte Antwort. Sie postulierte die physikalische Gleichwertigkeit der berühmten geradlinig-gleichförmigen Bewegung (eine Fiktion reinsten Wassers) mit dem Zustand der Ruhe. Das war bzw. ist das „Relativitätsprinzip der klassischen Mechanik“. Die so beunruhigende Frage, wie die Bewegung des Gestirnganzen und die auf der Gestirnoberfläche empfundene Ruhe des uns tragenden Bodens zur Deckung zu bringen sind, war damit nicht wirklich beantwortet. Sie ist es bis heute nicht in der herrschenden Physik, wie so viele andere Fragen, die völlig zu Unrecht im allgemeinen Bewusstsein als geklärt gelten.
Da die Technik funktioniert, glauben viele (die meisten wohl), dass damit nicht nur die ihr zugrunde liegende Physik zweifelsfrei bewiesen wurde, sondern auch die sie weit übersteigende abstrakte Naturwissenschaft einschließlich der physikalischen Kosmologie und der ihr inhärenten Hypothesen und Fiktionen. Das ist ein schlichter Irrtum. Die weitgehend empirische Grundlage physikalischer Prinzipien auf der Erdoberfläche oder in der kosmischen Nähe beweist in keiner Weise die gewagtesten Theorien und Hypothesen der sog. Kosmologie. Etwa den Urknall, die Schwarzen Löcher, die Raumkrümmung u.v.m.
Physik, als mathematische Naturwissenschaft, war im Ursprung und im Grunde bis heute niemals auf die konkret erfahrene Lebenswelt des Menschen bezogen, sondern stets auf eine quasi entsinnlichte, skeletthaft verdünnte und in diesem Sinne mehr oder weniger tote Welt. Es ging nicht um Leben, sondern um die abstrakte Beschreibung von Dingen, denen kein Eigenleben innewohnt. Zu diesem Eigenleben gehört auch das Bewusstsein, gehört im Grunde alles, was die lebendige Existenz auszeichnet, also auch Farbe, Emotion, komplexe Vielfalt der Wahrnehmung, um nur Beispiele zu geben. Das fiel nun quasi weg. Es rutschte in den Bereich des „Nur-Subjektiven“. Kein würdiger Kandidat für die angeblich „objektive“ Erkenntnissuche oder, bescheidener, „Weltbeschreibung“. Damit ist eine Spaltung entstanden, die den lebendigen Menschen im Grunde zerreißt und/ oder in eine lebenslange Schizophrenie hineintreibt.
Heute extrem: „Da draußen“ eine mehr oder weniger lebensfeindliche Objektwelt in einem monströsen, sinnlosen Universum, das kaum mehr die alte Bezeichnung Kosmos verdient. Das macht den Menschen, wie Sloterdijk sagt, zum „kosmischen Idioten“. Letztlich ruiniert es ihn, wenn es ihm nicht gelingt, hier eine lebbare Alternative zu eröffnen, die nur von einem lebendigen, bewusstseinserfüllten Universum aus sinnvoll zu denken ist, wie ich es seit langem favorisiere, in der Nachfolge und im Weiterdenken der Naturphilosophen und Kosmologen Giordano Bruno (1548 bis 1600) und Helmut Friedrich Krause (1904 bis 1973), um hier nur zwei meiner wichtigsten Impulsgeber zu nennen.
Wissenschaft des Toten
Die sog. abstrakte Naturwissenschaft, als eine Wissenschaft des Toten, gilt nach wie vor als Königsdisziplin und Vorbild von Wissenschaft überhaupt. Dazu gehört auch das, was Carl Friedrich von Weizsäcker als „methodischen Atheismus“ bezeichnet hat, womit eine weitere Prämisse genannt ist, die das wissenschaftliche Projekt fundiert. Der Einzelne darf „glauben, was er will“, aber als Wissenschaftler muss er stramm atheistisch und auch materialistisch arbeiten, reduktionistisch ohnehin: Übergreifende seelische und geistige Erklärungs- und Wirkprinzipien, die das Weltall erfüllen (dafür sprechen viele Indizien) sind mehr oder weniger tabu, sind nicht zugelassen im wissenschaftlichen Diskurs. Das gilt als Privatmeinung ohne wissenschaftliche Relevanz, die den Einzelnen, der damit an die Öffentlichkeit tritt, eher verdächtig macht. Das hat unser aller Wahrnehmung auf ganzer Front beschädigt. Und es bedarf eines eigenen Kraftakts, hier einen schöpferischen Gegenakzent zu setzen, um zu einem anderen, tieferen und umfänglicheren Wissenschaftsverständnis zu gelangen.
Zum methodischen Atheismus gehört daher notwendig der methodische Rund-um-Materialismus (= alles ist letztlich materiell), der alle wissenschaftlichen Weltzugänge in ein enges ideologisches Korsett presst und – notwendig – zu grotesken Verzerrungen führt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. So kann es in dieser Sicht konsequent nur materielle oder energetische („quasi-materielle“) Wirkfaktoren geben. Und diese werden in der Tiefe der Materie, im Kleinsten, aufgespürt. Irgendwann wird der „Forscher“ in diese Höhlengänge der Materie hinein- und hinabgesaugt, was mit einer Art Mineralisierung des Bewusstseins einhergeht, die alles genuin Menschliche zum Verschwinden bringt. Im Transhumanismus kommt dies brutal deutlich zur Erscheinung.
Corona-Wissenschaft Virologie in der Weltkrise
Was als Virologie seit zwei Jahren in den öffentlichen Fokus rückt, ist geradezu paradigmatisch für den von mir umrissenen toten Wissenschaftsbegriff. Keine Virologie ohne Computersimulation, ohne mathematische Modellierungen, und dies auf der Basis von abstrakten Prämissen, die den lebendigen Menschen über weite Strecken zum bloßen Objekt machen, zum Ding, zur Funktion mathematischer Prinzipien, denen er sich zu fügen hat, wenn die modellhaften Konstruktionen politisch-machtförmig und medial als Grundlage weitreichender Eingriffe in das Leben unzähliger Menschen ausgegeben werden. Wissenschaft mutiert dann häufig zum Fetisch, ja zum Götzen: die herausdestillierten, meist isolierten und ohne Kontext vorgetragenen Zahlen bekommen ein gespenstisches Eigenleben, das den „normalen Menschen“ (wenn es den denn noch geben sollte) völlig überfordert und in den Wahnsinn treiben kann.
Das Tote triumphiert; das Lebendige kommt unter die Räder. Die technokratische Diktatur lässt kaum eigenlebendige Spielräume zu, höchstens gnädig geduldete Spielwiesen, die geschickt offeriert werden, um den Irrsinn des Ganzen nicht allzu offensichtlich erscheinen zu lassen.
Wahre und falsche Wissenschaft. Gibt es Viren?
Wir erleben in der Corona-Krise eine zum Teil hitzige und ideologisch aufgeladene Diskussion über die Frage: Was ist echte und seriöse Wissenschaft, und was muss als Pseudo-Wissenschaft bezeichnet und daher abgewiesen werden? Da sind Lager entstanden und Fronten, die sich gegeneinander in Stellung bringen. Es stehen viele Behauptungen im Raum, die beanspruchen, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungen zu basieren. Da sind die Grenzen oft schwer zu ziehen. Studie steht gegen Studie. Man findet fast immer eine Studie, die die eigene Meinung bestätigt oder zumindest in den Bereich hoher Wahrscheinlichkeit rückt. Und der sog. Laie fragt sich oft verwirrt und auch frustriert: Was ist nun wahr?
Beispiel: Gibt es überhaupt Viren? Dass diese niemals klar isoliert und gereinigt worden sind, spricht eher dagegen. Aber ist das ein überzeugendes Argument? Lässt sich zweifelsfrei nachweisen, wenn das berühmte Sars-Cov-2-Virus tatsächlich existiert, dass es kausal verantwortlich ist für die als Covid-19 bezeichnete Krankheit? Haben wir es hier also mit einer wissenschaftlichen Erkenntnis zu tun oder denn doch nur mit einer schwachen, eher dürftigen Hypothese, vielleicht gar mit einer bloßen Fiktion? Ist das angebliche Virus Sars-Cov-2, wie manche vermuten, nur ein Computerkonstrukt? Die bunten Virus-Darstellungen, die die „seriösen Medien“ ständig und wie manisch verbreiten und manipulativ einsetzen, sind auf jeden Fall pure Fantasieprodukte. So etwas ist nie auch nur näherungsweise mit einem Elektronenmikroskop gesehen worden. Man landet bei solchen Fragen in einer Art Minenfeld, vor allem wenn mit deren Beantwortung Machtpositionen, Reputation oder politische Einflussnahme oder Deutungshoheit verbunden sind. An allen Fronten wird hier mit harten Bandagen gekämpft. Der Ton ist nicht selten gereizt, emotional aufgeladen, hochmütig oder diffamierend. Es werden allerorten und verblüffend selbstbewusst Dinge als Fakten ausgegeben, die günstigenfalls als Vermutung oder Arbeitshypothese zu bewerten sind.
Mysterien
Auch ist Vieles, mehr als die meisten Zeitgenossen denken, dem wissenschaftlichen Zugriff grundsätzlich entzogen. Der Raum als solcher etwa, um nur ein Beispiel zu geben, ist in wissenschaftlicher Hinsicht eine Art Sphinx, ein komplettes Rätsel, das noch jeden Rationalisten in den intellektuellen Abgrund gerissen hat. Das Gleiche gilt für die Zeit, für das Ich, für den Ursprung des Lebens, für das Bewusstsein… Wir sind von Rätseln und Mysterien umgeben, denen gegenüber das hier übliche Projekt der Wissenschaft erbärmlich und zugleich megalomanisch anmutet.
Es ist eine erkenntnistheoretische Naivität ersten Ranges, ernsthaft anzunehmen, dass diese Welt in Gänze rational zugänglich sei. Die Grenzen der erkennenden Vernunft abzustecken, wie dies Kant versuchte, ist über diese erkennende Vernunft selbst unmöglich; man bräuchte dazu eine quasi-göttliche Metaperspektive, ein absolutes Erkennen, wie schon Nietzsche gegen Kant ins Feld führte. Noch einiges zur Klärung:
Erfahrung, Hypothese, Fiktion
Unbestreitbar gibt es so etwas wie empirische, also auf Erfahrung beruhende Naturwissenschaft; daneben existiert das unabsehbar weite Feld der Hypothesen, der Mutmaßungen, der Behauptungen und des „mathematisierten Okkultismus.“ Zum Reich der reinen Fiktionen ist es von dort nicht weit. Die meisten halten das Königreich der Empirie für sehr groß, das der Hypothesen für „etwas kleiner“, aber doch hinreichend groß und das der Fiktionen eher für klein. Nach meiner Überzeugung ist es genau umgekehrt. Wenig echte Erfahrung, viel Hypothesenbildung und Mutmaßung sowie ein unabsehbar großes Feld der puren Spekulation und der Fiktionen. Das wird in der Kosmologie besonders deutlich, deren Matadore sich für die Speerspitze der irdischen Intelligenz halten. Dabei sind sie nicht einmal in der Lage, verständlich zu machen, wie sich das Licht so geradlinig durch den leeren Raum hindurch bewegen kann. Welches Trägermedium ermöglicht dies? Der Lichtäther wurde gedanklich abgeschafft, aber was trat an seine Stelle? Eigentlich nichts. Das Nichts, zugehängt mit dem wenig inhaltliche Substanz transportierenden Wort „Quantenvakuum“ – eine pure Fiktion. Dabei kommt man hier nur mit subtileren Äthervorstellungen wirklich weiter, die aber die handelsübliche Wissenschaft überschreiten.
Ich maße mir nicht an, diese Differenzierung zwischen empirisch, hypothetisch und fiktiv immer in letzter Konsequenz vornehmen zu können. Aber unbestreitbar gibt es diese grobe Dreiteilung, und sie ist durchaus hilfreich und Erkenntnisleitend. Vieles muss ich oder „man“ einfach hinnehmen oder mehr oder weniger glauben. Nur auf relativ wenigen Feldern kann ich, wie auch anders, auf eigene, wirklich empirische Forschungen zurückgreifen. Das Ganze wird umso schwieriger, je abstrakter, komplizierter und indirekter die jeweilige Beweis- oder Begründungskette ist. Die Basisfrage „Was ist ein wissenschaftlicher Beweis?“ wird damit zu einem Abgrund.
Bei kosmologischen Fragen fehlt der im eigentlichen Sinne empirische Zugang; die Ergebnisse sind stark modellabhängig und basieren auf Prämissen, die im Kern metaphysische Setzungen sind und deren Letztbegründung unmöglich ist. Der sog. Urknall ist da ein prägnantes Beispiel. Er kann sozusagen strukturell gar nicht bewiesen werden, wie man schnell einsehen kann. Wenn man etwa die sog. Rotverschiebung, also die Verschiebung der galaktischen Spektrallinien Richtung Rot, nicht wie zunächst Hubble Ende der 1920er Jahre, als Dopplereffekt deutet (also als Flucht der Spiralnebel, wie man damals sagte), sondern etwa als „Lichtermüdung“ oder durch anders bedingte Feldeffekte hervorgerufen, dann kommt man zu völlig anderen Ergebnissen.
Kosmologie und Anthropologie
Dass ich hier kosmologische Elemente heranziehe, geschieht nicht nur in erkenntnistheoretischer oder -kritischer Hinsicht (so wichtig und interessant dieser Aspekt ist), sondern aus der Perspektive der Mensch-Kosmos-Frage heraus, die von kaum auszulotender anthropologischer Relevanz ist. Und damit ist zugleich das Menschenbild angesprochen. Welchen Wesens ist der Mensch? Diese (metaphysische) Frage wird meist als zu spekulativ abgetan. Man gewinnt den Eindruck, dass politische, soziologische und wissenschaftliche Vorgänge auf unserem Heimatplaneten völlig unabhängig von übergreifenden kosmischen oder besser kosmisch-geistigen Faktoren betrachtet werden können, ja sollen, und sozusagen immanent ablaufen. Das halte ich für einen grandiosen Irrtum.
Die herrschende Kosmologie macht den Menschen, den „Erdling“, zum Quasi-Nichts, zu einem aus der Nacht des Nicht-Seins sinnlos heraufgewirbelten Wesen, mit dem es im tieferen Sinn „gar nichts auf sich hat“.Und das seinem Tod als einer schwarzen, ihn zerschmetternden Wand entgegenjagt, vor der die meisten in Angst erstarren. Der anthropologische und kosmische Nihilismus ist hier mit Händen zu greifen. Alles, was darüber hinaus geht, gilt im öffentlichen Diskurs als bloße Meinung, als Ideologie, als „nur subjektiv“ ohne Verankerung in soliden, materiellen und rational bestimmbaren Faktoren. Das berührt den schon angesprochenen methodischen Atheismus, man könnte auch sagen den methodischen Nihilismus, die methodische Sinnlosigkeit. Seit Jahrzehnten spreche ich auch von der „subjektblinden Naturwissenschaft“, die auch durch die Quantentheorie nicht aufgehoben oder überwunden wurde, wie vielfach behauptet wird. Der lebensferne, ja lebensfeindliche Abstraktionismus der herrschenden Physik findet in der Quantenphysik geradezu seine Krönung. Merkwürdig, dass viele das nicht sehen. Die Quantentheorie kann kein Naturding wirklich erklären, ob nun eine Ameise, einen Grashalm oder den Menschen, soweit er eben Natur ist.
Die Konflikte unserer Zeit sind im Kontext dieses methodischen Nihilismus, dieser puren und öden Immanenz ohne geistig-kosmische Verankerung gar nicht zu lösen. Das sieht man nur allzu deutlich. Die Menschen auf dieser Erde in der herrschenden Bewusstseinsverfassung, der Intellektualkultur, fühlen sich mehrheitlich als sinnloses Treibgut im Meer des toten Außenraums, der sie kalt und gnadenlos anhaucht. Das „Projekt Weltseele“ gilt als auf ganzer Front gescheitert (Sloterdijk). Der „kosmische Idiot“, von dem schon die Rede war, ist dann die einzig mögliche und wissenschaftlich abgesegnete Existenzform des Menschen. Die sog. Würde des Menschen, die im letzten metaphysisch verankert ist, bleibt dann auf der Strecke. Das ist allenthalben in seinen Folgen zu besichtigen. Die sog. modernen oder postmodernen Menschen sind mehrheitlich abgestürzt auf die Betondecke der materiellen Außenwelt. Das pure Diesseits, die pure, materialistisch gedachte Immanenz zerstrahlt oder zerschmettert mittelfristig alles, was die Kernsubstanz des Menschen ausmacht. Hier muss der Mensch zum neurotischen Gespenst werden, mit panischer Angst vor dem Tod. Dass dies so ist, liegt offen genug zutage. Auf dieser nihilistisch geprägten Todesangst spielen die Corona-Regime mit schamloser Raffinesse.
Die Transhumanisten sind auf dem Vormarsch, weil es keine schöpferische und genuin geistige Gegenkraft gibt gegen die rundum kranke Vision des Maschinen-Menschen. Die sog. KI (Künstliche Intelligenz) wird von Unzähligen bejubelt. Warum? Weil es an natürlicher Intelligenz mangelt. Weil der Mensch hier auf ganzer Linie versagt hat. Mir ist bewusst, dass sehr viele das ganz anders sehen.
Wissenschaft und Menschenbild
Da sind wir wieder bei der Wissenschaft und, notwendig, beim Menschenbild. Die Fehlentwicklung hier bedingt die Fehlentwicklung dort. Was ist Ursache, was Wirkung? Der Mensch ist sich selbst abhanden gekommen, könnte man formelhaft sagen. Er hat seine Kernsubstanz gleichsam delegiert an die Maschine und an die vielen technischen, u.a. digitalen Götzen, denen er dient. Die Technosphäre ist längst zur Theosphäre geworden und beherrscht mittlerweile flächendeckend diesen geschundenen Planeten. Das bekommt uns allen nicht gut, wenn wir auch meinen, hiervon zu profitieren, und den Götzen verharmlosen, der uns voranpeitscht. „Du glaubst zu schieben, doch du wirst geschoben“ heißt es im Faust (Walpurgisnacht).
Und: Das schon erwähnte „Quasi-Nichts“ Mensch, wie auch anders, spielt sich allzu häufig als „Quasi-Gott“ auf. „Will kein Gott auf Erden sein,/sind wir selber Götter“, heißt es in der „Winterreise“ (22. Lied). Das ist offenbar die frohgemute oder auch verzweifelte Maxime, die eher eine Parole oder einen Kampfruf darstellt.
In dieser Weltkrise, die uns alle zu ruinieren droht, klammern sich viele an „die“ Wissenschaft, als sei hier der einzig sichere und verlässliche Boden. Es ist wohl geboten, näher zu bestimmen, worum es hier eigentlich geht. Vom Ursprungsimpuls der neuzeitlichen Wissenschaft in der Astronomie, in der Auseinandersetzung mit der kopernikanischen Herausforderung, war schon die Rede. Diese Herausforderung besteht in gewisser Weise noch heute. Und zwar deswegen, weil die damals aufgebrochenen Fragen (entgegen dem, was die meisten glauben) gar nicht wirklich geklärt worden sind. Die Matadore der abstrakten Naturwissenschaft, deren erster Galilei war, wiesen (und weisen immer noch oder stets erneut) die Frage nach dem Wesen oder der inneren Seinsqualität der Objekte und Kräfte der zu erforschenden Welt zurück, und zwar zugunsten der Mathematisierung und abstrakten Modellierung, die nichts wirklich erklärt, aber den machtförmig-technischen Zugriff auf die Welt ermöglicht.
Wer rechnet, denkt nicht. Wer denkt, rechnet nicht. Stimmt das?
Ich spreche gelegentlich vom „mathematisierten Okkultismus“ der abstrakten Naturwissenschaft, um diesen Begriff noch einmal anzuführen. Das Wesen der Dinge bleibt verborgen (= okkult) und interessiert auch zunehmend weniger, während der funktionale und formale Aspekt der mehr oder weniger als tot imaginierten Dinge der Natur und des Kosmos fast ausschließlich das Feld beherrscht. Wozu tiefer denken, wenn man doch rechnen kann? Wer rechnen kann, denkt nicht. Und wer denkt, rechnet nicht, jedenfalls nicht mit den toten Zahlen, die allein ernstgenommen werden in der Wissenschaft. „Zahlen töten“, sagt der Kulturphilosoph Oswald Spengler (der auch Mathematiker war).
Das wissenschaftliche Großprojekt basiert idealiter auf dem Bemühen um rationale Welterkenntnis am Leitfaden klarer und strenger Prinzipien und Kriterien, zu denen auch die sog. Reproduzierbarkeit gehört. Die Grundprämisse lautet: Rationale und empirische Welterkenntnis ist bis zu einem gewissen Grade möglich und sinnvoll. Sie eröffnet sich ständig erweiternde und vertiefende Perspektiven auf „die Welt“, im Extremfall auf das Ganze der seienden Dinge, das Universum (= Kosmologie). Die Basis der Wissenschaft soll empirisch sein, also auf objektivierbarer Erfahrung beruhen, soweit diese eben möglich ist. Vieles, ja das meiste dieser Welt entzieht sich der direkten Erfahrung. Das Indirekte beherrscht das Direkte. Das wird selten tiefer reflektiert, wofür es mehrere Gründe gibt. Einer wurzelt in der Hybris und dem Größenwahn des wissenschaftlichen Geistes, zu dessen wahnhafter Ideologie es gehört, den Gipfel menschlicher Geistesgröße zu repräsentieren, die alles und jedes vor den Richterstuhl der eigenen Großmächtigkeit zu laden für legitim hält, für alternativlos ohnehin. Die Selbstvergottung des Menschen tritt hier offen zutage. Seine Ignoranz ist dem an den Tag gelegten Größenwahn direkt proportional.
In der Coronakrise ist vieles gleichsam holzschnittartig in die Erscheinung getreten, was ohnehin seit langem der Fall ist (ich wiederhole das, wie manches andere, ganz bewusst, sozusagen aus mantrischen Gründen), nämlich das Fehlen eines höheren und der seelischen Komplexität und Tiefe des Menschen adäquaten Menschenbildes, und dies in enger Koppelung an ein in Teilen geradezu absurdes Weltbild, ein sinnloses und totes Universum, beherrscht von bewusstseinsblinden und maschinenmäßig funktionierenden sog. Naturgesetzen. Wir haben den umfassend lebendigen und sinnvollen Kosmos mit unseren Projektionen gleichsam maskiert oder zugestellt. Das zermalmt uns und zerschlägt auch jeden geistig-kosmischen Sinnzusammenhang. Ohne diesen aber sind wir verloren. Sinnlose Bewusstseinsflämmchen in der Himmelswüste, die nach kurzer Lebensdauer vom Sturmwind der eigenen Projektionen, die als objektive Realitäten erscheinen, ausgeblasen werden.
Credo, quia absurdum…
Das materialistische/reduktionistische Welt- und Menschenbild wird durch Corona in seiner Dumpfheit und Lebensfeindlichkeit vorgeführt. Alle sog. Maßnahmen, global, tragen diesen brutalen Stempel. Die erkenntnistheoretischen Irrtümer und Fehlsteuerungen sind mit Händen zu greifen. Etwa die Orientierung der „regierungsamtlichen“ Wissenschaftler an Computermodellen, an abstrakten Zahlen und Diagrammen mit prognostischem Anspruch, die mit der komplexen lebendigen Realität der konkreten Menschen gar nicht in Verbindung zu bringen sind. Die gebotenen Begründungen waren und sind monokausal und eindimensional und daher in der Grundrichtung rein spekulativ. Die orientierungslosen Politiker verweisen auf die „Expertise“ der einschlägigen Wissenschaftler, die in einen quasi-religiösen Rang rückt. An die berühmte Aussage des Kirchenvaters Tertullian „Credo quia absurdum.“ (Ich glaube es, weil es absurd ist) habe ich mich immer wieder erinnert gefühlt. Aber auch sonst oft. Klar, dass es auch solide und gut fundierte Wissenschaft gibt, doch in der Regel nur auf einem vergleichsweise überschaubaren Terrain, wo auch die Irrtumsmöglichkeiten überschaubar sind. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn es um schwierige und nur indirekt, wenn überhaupt, zu erschließende Komplexe und Kausalitäten geht. Dahinein fließt der Großteil der wissenschaftlichen Energie. Damit ist zugleich einer oft wilden Spekulation Tür und Tor geöffnet.
Wissenschaft und Moral
Ich muss noch einen bisher nicht erwähnten Faktor hinzufügen. Wir leben in einer Zeit, in der fast alles irgendwie moralisch aufgeladen wird. Auch und gerade die Wissenschaft, zu deren Ideologie es eigentlich gehört, „jenseits von Gut und Böse“ zu sein, also jenseits moralischer Normen und Vorgaben. In der Corona-Krise ist davon nur noch wenig zu spüren. Im Streit der Wissenschaftler geht es nun nicht mehr primär um richtig und falsch, sondern um das ideologisch und von der Macht Gestützte und Gewollte. Nicht der ergebnisoffene Streit von Argumenten steht im Zentrum, sondern häufig genug die Gesinnung, die politische Ideologie, die jeweils favorisierte Weltanschauung und eben auch die sog . Moral. Warum eigentlich? Vielleicht als eine Gegenbewegung gegen den faktischen Nihilismus einer im Sinnlosen dahintreibenden Menschheit, mehrheitlich vorangepeitscht von jenem metallisch glitzernden Götzen, den ich den Megatechnischen Pharao nenne, als Sammelbezeichnung für die abstrakten Machtapparate. Das Sahnehäubchen der Moral wird dem jeweiligen Irrsinn verlogen aufgesetzt, und dies verblüffend erfolgreich. Wer sich als ergebener Staatsbürger, aber auch sonst ideologisch auf der richtigen Seite wähnt, braucht die moralische Attitüde, um sich gut zu fühlen. „Du gefährdest Menschenleben, wenn du dich, ganz egoistisch, nicht impfen lässt oder hier ohne Maske rumläufst!“ Damit ist ein Verdammungsurteil ausgesprochen, das den derartig Angesprochenen moralisch in die Knie zwingen soll, ja geradezu eines genuin menschlichen Attributs beraubt.
Perspektiven
Wie der Kosmos gesehen wird (Weltbild), hat viel zu tun mit unserem Menschenbild und mit der Art, wie wir die Erde bewohnen und zu ihr stehen. Jede Kultur oder kollektive Seelenformation hat ihre je eigene Psychokosmologie und damit ihren allseits verbindlichen Innenraum, der den Einzelnen einbettet und trägt. Dieser verbindliche Innenraum ist in der abendländischen Geistesgeschichte verlorengegangen und auch nicht zurückzugewinnen, was auch, wäre es denn möglich, kaum wünschenswert erscheint. Nur als seelenloser Cyberspace auf der Folie der kosmischen Verlorenheit des Einzelnen stellt sich Übergreifendes noch verbindlich her. Das verbindende Element ist eigentlich das Nichts.
Wenn die Sternenwelt schweigt und der Kosmos nur noch monströs verzerrt in die Wahrnehmung rückt, weil lebendige, ineinander greifende Raumenergiefelder im Meer der Weltseele nicht mehr sein dürfen, bleibt nur der schwarze und bewusstseinsblinde Außenraum als ödes Immer-Weiter, was den Menschen zum kosmischen Outcast macht, zitternd in seiner Todesangst und Seinsverlorenheit. Dann wird die geistig „vorgedachte“ Wüste „da draußen“ auf der Gestirnoberfläche materiell hergestellt. Der Kosmos ist geistig zerstört und entvölkert worden und grinst die Erdlinge nun dämonisch an. „Der Kosmos ist wie ein Spiegel“, lautet ein altpersisches Weisheitswort. „Schaut ein Esel hinein…“, muss ihm auch ein Abbild seiner selbst entgegentreten. (Ich sollte die Esel, diese wunderbaren Tiere, um Verzeihung bitten, dass ich sie hier so heranziehe.) Kurz und fast trivial gesagt: Der Mensch sieht und wertet die kosmische und irdische Umwelt nach Maßgabe seines eigenen Bewusstseins, kollektiv und individuell.
Wenn die tote Kosmologie fällt, was ohne eine „metaphysische Revolution“ nicht zu denken ist, bricht auch der megatechnische Wahn mit all seinen absurden und lebensfeindlichen Fiktionen und Narrativen in sich zusammen. Dann lichtet sich gleichsam der Himmel. Und der Mensch begreift, dass er niemals getrennt, dass sein Exil immer eine Illusion war. Ich erlaube mir diese Vision, ohne sie jetzt gleichsam auszumalen, verbunden mit dem Risiko, nun zur Gruppe der Fantasy-Autoren gerechnet zu werden. „Den lieb ich, der Unmögliches begehrt“, sagt Manto im zweiten Teil des „Faust“. Aber es ist wichtig, ja unverzichtbar, zu einer rettenden Perspektive vorzustoßen, die den herrschenden Wahn durchstößt. Wie und wo wäre diese zu finden?
Die Frage aller Fragen
Letztlich münden alle Fragen dieser Art in die eine große Frage: In was für einer Welt (= Universum) leben wir eigentlich? Deren Beantwortung, ob nun explizit oder eher implizit, bestimmt unser gesamtes In-der-Welt-Sein in all seinen Facetten. Sind wir, also die Erdbewohner, allein in einem absurden und von blinden Kräften und Gesetzen regierten Weltall, dem unser Wohl und Wehe gleichgültig ist, weil wir sozusagen gar nicht vorgesehen sind, sondern unser Dasein nur einer irgendwie verrückten Drehung im Getriebe der Dinge zu verdanken ist? Umgürtet vom Nichts, aus dem wir kommen und das uns irgendwann wieder zum Verschwinden bringt, einem letztlich sinnlosen Tod entgegenjagend, einem allseits gefürchteten grausamen Fürsten, dem wir nicht entgehen können und der immer „schon da ist“, wie der Igel bzw. dessen Frau in der berühmten Geschichte vom Hasen und dem Igel?
Was verbirgt sich dahinter? Ist die Angst vor dem Tod nicht in der Tiefe eine ganz andere Angst, nämlich die Angst vor sich selbst in der äußersten Konfrontation mit dem eigenen Ich, dem eigenen So-Sein in seiner geistig-kosmischen Verankerung? Wer sind wir ontologisch, wenn wir nicht einfach dumpfe Schemen oder Schimären darstellen, die umfassend verhöhnt werden vom Zufall, der an jeder Ecke lauert (auf der Erde und im All)?
Die Corona-Krise hat die gefühlte Sinnlosigkeit, die allenthalben grassiert, und die Angst vor der Vernichtung durch den Tod kollektiv in die Wahrnehmung gerückt. Das allseits Verdrängte rückt nun bedrohlich nahe an uns heran. Das Virus wird zum Tod schlechthin. Zum Feind schlechthin. Dieser Feind muss mitallen Mitteln bekämpft werden. Und in der Nur-Außenwelt der Materialisten heißt das schlicht die Verlängerung des Lebens um beinahe jeden Preis. Der Mensch wird zum bloßen Körper, und dieser Körper wird gnadenlos in Besitz genommen, kolonisiert, ja patentiert und hineingepresst in die Große Maschine, deren Teil er werden soll. Geist, Seele, schöpferische Intelligenz, widerständige Lebendigkeit, metaphysische Würde,- all das bleibt auf der Strecke, interessiert kaum noch. Wer tiefer denkt, stört den Ablauf der Maschine und die transhumanistische Agenda, die gnadenlos vorangetrieben wird.
Der smarte Wahn
Wissenschaft (im Sinne der abstrakten Agenda) wird nicht nur zum Fetisch, wie schon erwähnt, sondern zu einer Art Zwangsveranstaltung, und dies nach dem Motto: Mehr Wissenschaft, das hilft uns allen. Wir überwinden, früher oder später, was die Menschheit bislang drangsaliert hat. Nun geht es hinein in die Schöne Neue Welt, vom Smartphone zur Smartcity, zum smarten Staat und noch besser zum smarten Planeten. Überhaupt ist ständig vom Planeten die Rede (von seiner Rettung ohnehin, die schon auf T-Shirts und Rücksäcken verbal zelebriert wird), obwohl er, genauer betrachtet, so gut wie nichts in seiner eigenen kosmischen Würde zählt. Letztlich weiß der Erdenmensch gar nicht, welches Gestirn er eigentlich bewohnt.
Der smarte Wahn kennt keine Grenzen. Die Chips, die du eingepflanzt bekommst, sind erst der Anfang. Du selbst wirst zum Chip und bist dann befreit von der Last des Fleisches.
Wie kommen wir weiter?
Wie überwinden wir die materialistische, reduktionistische und abstrakte Wissenschaft, die heute mehrheitlich favorisiert wird? Ich meine hier primär die sog. Naturwissenschaft (die diese Bezeichnung nur noch mit Einschränkungen verdient), an der sich letztlich alle anderen Wissenschaften orientieren. Wissenschaftskritik, wie ich sie vertrete, ist keine Wissenschaftsfeindschaft, sondern das leidenschaftliche Bemühen um Welterkenntnis, und damit auch um eine Wissenschaft, die Kosmos und Mensch in ihrer Tiefe und Fülle (und das schließt das Bewusstsein ein) in den Blick nimmt.
Die Weltkrise, die wir durchleben, die uns im Grunde alle überfordert, ist ohne ein radikales Umdenken nicht zu überwinden. Das sagt sich leicht, aber was heißt das? Dieses Umdenken kann wohl nur in einer Art Kulturrevolution geschehen, die nicht vordergründig planbar oder herstellbar ist, sondern sich wahrscheinlich nur in der äußersten Bedrohung entwickeln und konstellieren kann, wenn das „Projekt Menschheit“ umfassend zu scheitern droht, wenn „alles aus“ ist oder zu sein scheint. Dann kann, im tieferen Verständnis, das die systemische Komponente einschließt, aber überschreitet, ein (kosmisch induzierter) „Umschlag“ erfolgen, der vieles wendet. Und alles entscheidet sich entlang der Frage, wer wir dann sind. Das lässt sich nicht vorausgreifend bestimmen oder gar fordern. Postulate bringen nichts, wie man weiß. Doch echtes Denken, bezogen auf die lebendige Wirklichkeit der Erde und des Kosmos, löst Wirkungen aus. Jedes lebendige Sein in eigener Intensität und Gestaltungsfülle ist eine Gegenkraft gegen die Vernichtung, gegen die nihilistische Matrix, die hier vorerst noch triumphiert und fast alle und alles fest im Griff hat. Widerstand dagegen ist geboten, im Denken und im Tun.
Die Ohnmacht der Immanenz
Ohne die geistig-kosmische Perspektive, die ich ja schon habe anklingen lassen, ohne sie differenzierter zu bestimmen, wird es nicht gehen. Immanent, glaube ich, sind wir verloren oder „geliefert“. „Nur ein Gott kann uns retten“ sagt Martin Heidegger in dem berühmten Spiegel-Gespräch von 1966. Hilft uns das weiter?Kaum. Obwohl da etwas angesprochen wird, das mir bedenkenswert erscheint, dass es nämlich immanent nicht geht, nicht gehen kann. Den Erdenmenschen, auf sich gestellt und von sich aus, wird es nicht gelingen, den herrschenden Wahn zu durchstoßen. Es spricht zumindest wenig dafür. Der „kosmische Faktor“ muss dazukommen, ja eigentlich: die Initialzündung darstellen. Das wäre dann das Pendant oder Äquivalent zu Heidegger.
Alles ist belebt, beseelt und durchdrungen von Bewusstsein. Das ist meine metaphysische Prämisse. Daraus folgt viel. Alles Belebte und Beseelte will sich erhalten und will und wird sich verteidigen gegen es bedrohende oder überhaupt zerstörerische Kräfte. Wir Menschen, auf allen bewohnten Gestirnen, sind Mitspieler in diesem Drama. Geisterschlachten toben gleichsam um uns und in uns, wenn es gestattet ist, sich dieser Begrifflichkeit zu bedienen. Der Kosmos ist keine Idylle in diesem platten Sinn, sondern gestaltetes Leben im Bewusstseinsringen.
Überall ringen Wesen um Bewusst-Sein. Der Weltraum ist keine tote Erstreckung eines öden Immer-Weiter, sondern durchpulst von der Weltseele. Dieses wunderbare Wort ist aus dem Sprachschatz fast völlig verschwunden. Die Verödung und Trivialisierung der Sprache entspricht der megatechnischen und abstrakten Bewusstseinsformation, die den Globus beherrscht. Wie lange noch, wie lange noch?
Literatur:
„KOSMOS“ von Jochen Kirchhoff, OVALmedia, Berlin 2022.
„Räume, Dimensionen, Weltmodelle – Impulse für eine andere Naturwissenschaft“ von Jochen Kirchhoff, Diederichs Verlag, München 1999, erweiterte Neuausgabe Drachen Verlag, Klein Jasedow 2007.
Referenz: Zuerst veröffntlicht in der Zeitschrift „Kritische Gesellschaftsforschung“
Ausgabe #01, Juli 2022.