– aber nicht den Menschen

Der Great Reset des Weltwirtschaftsforums (WEF) entwirft einen Plan zur Umgestaltung der globalen Lebensmittel- und Agrarindustrie und der menschlichen Ernährung. Photo von Heinz Tesarek

“Der Great Reset unterstützt und verstärkt die Ausbeutungsmaschinerie der Konzerne und das Eigentumsrecht am Leben.” Vandana Shiva

Von Jeremy Loffredo

Doch wenn man sich die Unternehmen und Denkfabriken genauer anschaut, mit denen das WEF zusammenarbeitet um diesen globalen Wandel herbeizuführen, drängt sich die Vermutung auf, dass der wahre Grund vielleicht der ist, dass Unternehmen mit technologischen Lösungen eine stärkere Kontrolle über das Lebensmittelsystem ausüben sollen.

Vandana Shiva, Wissenschaftlerin, Umweltschützerin, Verfechterin der Nahrungsmittelunabhängigkeit und Autorin, sagte dem Defender: “ Beim Great Reset geht es um multinationale Konzerne auf dem Weltwirtschaftsforum, die so viele Lebensbereiche auf dem Planeten kontrollieren wollen wie möglich: Von digitalen Daten, die Menschen hinterlassen, bis hin zu jedem Bissen, den wir essen”.

Das WEF ist nach eigenen Angaben eine “globale Plattform für öffentlich-private Zusammenarbeit”, die Kooperationen zwischen Unternehmen, Politikern, Intellektuellen, Wissenschaftlern und anderen führenden Persönlichkeiten der Gesellschaft bildet, um “wichtige Aspekte der globalen Agenda zu definieren, zu diskutieren und voranzubringen.“

Laut Klaus Schwab, dem Gründer und geschäftsführendenVorsitzenden des Weltwirtschaftsforums, verfolgt das Forum das Ziel “private Unternehmen als Treuhänder der Gesellschaft” zu etablieren um “soziale und ökologische Herausforderungen” zu bewältigen.

Im Juli veröffentlichte Schwab das 195-seitige Buch “COVID-19: The Great Reset” (deutsch: “COVID-19: DER GROSSE UMBRUCH), in dem er Wirtschaftsführer und Entscheidungsträger aufforderte “die Pandemie sinnvoll zu nutzen und die Krise nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.” Das TIME-Magazin (dessen Eigentümer Marc Benioff Vorstandsmitglied im WEF ist) hat sich kürzlich mit dem WEF zusammengeschlossen, um über den Great Reset zu berichten und zu beleuchten “wie die COVID-19-Pandemie eine einmalige Gelegenheit bietet, unsere Lebensbedingungen zu transformieren”.

Der Great Reset ist allumfassend gedacht. Zu den Partnerorganisationen gehören die größten Konzerne im Bereich Datenerfassung, Telekommunikation, Rüstung, Banken, Pharma, Biotechnologie und der Nahrungsmittelindustrie.

Für den “Reset” von Nahrung und Landwirtschaft plant das WEF Projekte und strategische Partnerschaften, die gentechnisch veränderte Organismen, im Labor hergestellte Proteine und Medikamente sowie industriell hergestellte Chemikalien als nachhaltige Lösung für Ernährungs- und Gesundheitsprobleme vorsehen.

So hat das WEF beispielsweise das EAT-Forum gefördert und mit ihm kooperiert. EAT beschreibt sich als “Davos für Ernährung” und möchte einen “Mehrwert für Wirtschaft und Industrie” bereitstellen und “die politische Agenda bestimmen”. EAT wurde vom Wellcome Trust mitbegründet – einer Organisation, die mit Geldern von GlaxoSmithKline eingerichtet wurde und noch immer eine strategische Partnerschaft zu diesem Arzneimittelhersteller unterhält.

EAT arbeitet mit fast 40 Stadtverwaltungen in Europa, Afrika, Asien, Nordamerika, Südamerika und Australien zusammen. Die Organisation unterstützt auch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) bei der „Erstellung neuer Ernährungsrichtlinien“ sowie Initiativen zur nachhaltigen Entwicklung.

Laut Federic Leroy, Professor für Ernährungswissenschaft und Biotechnologie an der Universität Brüssel, arbeitet das EAT-Netzwerk eng mit einigen der größten Fleischimitat-Herstellern zusammen, wie Impossible Foods oder andere Biotech-Firmen. Ihr Ziel ist, gesunde und nahrhafte Lebensmittel durch gentechnisch veränderte Laborerzeugnisse zu ersetzen.

„Sie stellen es als gesund und nachhaltig dar – aber das ist es natürlich nicht“, sagt Leroy im The Defender.

Impossible Foods wurde anfangs von Google, Jeff Bezos und Bill Gates mitfinanziert. Aktuelle Laborergebnisse zeigen, dass das Fleischimitat des Unternehmens einen 11-mal höheren Glyphosatgehalt aufweist als sein nächster Konkurrent. Die größte Initiative von EAT heißt FreSH und wird von der Organisation als Versuch beschrieben, die Umgestaltung des Ernährungswesens voranzutreiben. Partner des Projektes sind u.a. Bayer, Cargill, Syngenta, Unilever und sogar der Tech-Riese Google. Leroy sagt dass “Unternehmen wie Unilever, Bayer oder andere Pharmakonzerne bereits Chemieproduzenten sind – so viele dieser Firmen sind also hervorragend aufgestellt, um von diesem neuen Nahrungsmittelgeschäft zu profitieren, bei dem es um die Verarbeitung von Chemikalien und Extrakten geht, die zur weltweiten Produktion dieser im Labor hergestellten Lebensmittel benötigt werden.”

In seinem Buch erörtert Schwab, wie Biotechnologie und gentechnisch veränderte Lebensmittel zum Hauptpfeiler werden, um eine Lösung zu finden für die globale Nahrungsmittelknappheit, die durch COVID enthüllt und verschärft wurde. Die weltweite Ernährungssicherung könne nur erreicht werden, so Schwab, wenn “Vorschriften für gentechnisch veränderte Lebensmittel so angepasst werden, dass sie der Tatsache Rechnung tragen, dass Gentechnik eine präzise, effiziente und sichere Methode zur Verbesserung von Kulturpflanzen darstellt”.

Shiva ist da anderer Meinung. Sie sagt gegenüber dem Defender, dass “der WEF gefälschte Wissenschaft zur Schau stellt”. Und dass “Herr Schwab diese Technologien als Lösung anpreise, beweise dass es beim Great Reset darum geht, die Ausbeutungsmaschinerie der Konzerne und das Eigentumsrecht am Leben aufrechtzuerhalten und zu verstärken.”

Shiva erklärte weiter: „Bei der von EAT vorgeschlagenen Ernährungsweise geht es keinesfalls um Nahrung, sondern um das große Geschäft und die Übernahme des Lebensmittelsektors durch Konzerne”. Laut eigener Berichte der EAT sind die großen Veränderungen, die Organisationen und ihre Geschäftspartner im Lebensmittelgeschäft vornehmen wollen, “wahrscheinlich nicht erfolgreich, wenn sie dem Individuum überlassen werden”. Die Veränderungen, die sie den Essgewohnheiten der Gessellschaft und den Lebensmitteln aufzwingen wollen, „erfordern ein Umdenken auf systemischer Ebene mit harten politischen Eingriffen. Dieses umfasst Gesetze, steuerliche Maßnahmen, Subventionen und Strafen sowie eine Umgestaltung des Handels und andere wirtschaftliche und strukturelle Maßnahmen“.

Für Shiva ist dieser Ansatz jedoch falsch, da „die gesamte Wissenschaft“ zeige, dass Ernährung auf regionale und geografische Artenvielfalt ausgerichtet sein sollte. Sie erklärt: „Die einheitliche globale Ernährung von EAT wird mit westlicher Technologie und Agrarchemikalien produziert. Dies den souveränen Staaten durch multinationale Lobbyarbeit aufzuzwingen, bezeichne ich als Lebensmittelimperialismus”.