
Aufgelöster Bundestag entscheidet über Grundgesetzänderung – die Unehrlichkeit des Herrn Merz
Das Volk ist dumm und machtlos. Aber muß man uns das so unter die Nase reiben? Friedrich Merz ist, für alle sichtbar, die derzeit handelnde Person. Ein Amt hat er nicht. Er wird als designierter Bundeskanzler bezeichnet. Herr Merz verhandelt hier, verwahrt sich gegen Wahlbetrug dort. Er ist in allen Zeitungen, in allen Nachrichtensendungen zu sehen. Von Olaf Scholz ist nichts mehr zu sehen.
Aber, solange keine neue Regierung gewählt ist, bleibt die alte Regierung weiterhin im Amt, solange bis ein neuer Bundestag einen neuen Bundeskanzler bestimmt. Deutschland hat jederzeit eine Regierung. (Noch)Bundeskanzler Scholz, zur Erinnerung, hatte am 11.12.2024 im deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und am 16.12.2024 verloren. Daraufhin hatte Bundespräsident Steinmeier am 27.12.2024 den 20. deutschen Bundestag aufgelöst. Ohne Parlament gibt es keine neuen Gesetze, aber es gibt weiterhin eine Regierung, eben die Regierung Scholz.
Das deutsche Volk hat dann am 23.2.2025 den 21. deutschen Bundestag gewählt. Jetzt hat Deutschland einen neuen Bundestag, aber noch keinen neuen Bundeskanzler. Herr Merz ist nicht Bundeskanzler, weil dazu müßte er erst vom Bundestag gewählt werden. Das geht frühestens, wenn der 21. deutsche Bundestag zum ersten Mal zusammentritt.
Tatsächlich soll aber die amtierende Bundestagspräsidentin des 20. Bundestages, Frau Bärbel Bas, für den 18.3.2025 nochmal den 20. Bundestag einberufen, damit dieser eigentlich aufgelöste Bundestag mit einer Zweidrittel-Mehrheit das Grundgesetz im Sinne von Herrn Merz ändert. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu am 13.3.2025 (2 BvE 3/25) geurteilt, dass sich Bundestagspräsidentin Bas, mehr oder weniger, aussuchen könne, ob sie den alten, aufgelösten Bundestag einberuft oder aber den neugewählten.
Für alle sichtbar ist Herr Merz die derzeit handelnde Person. Herr Merz regiert und bestimmt die Geschicke der Bundesrepublik Deutschland, als ob er schon zum Bundeskanzler gewählt worden wäre. Ist er aber nicht, denn dazu müßte der neue Bundestag zusammentreten, was dieser bislang noch nicht getan hat.
Herr Merz ist kein Bundeskanzler, aber in dem alten Bundestag hat Herr Merz eine Mehrheit für die von ihm gewünschten Grundgesetzänderungen. Deshalb soll der alte, aufgelöste Bundestag noch einmal zusammentreten, aber nicht um Deutschland eine neue Regierung zu geben, was der alte Bundestag auch nicht könnte, sondern für eben jene Grundgesetzänderungen.
Erst danach lädt Bundestagspräsidentin Bas den neuen Bundestag ein und der wählt dann (vermutlich) Herrn Merz zum Bundeskanzler. Hier ist eine deutliche Diskontinuität zu erkennen, die so vom Grundgesetz nicht gewollt sein kann. Handelnder (Vor-)Bundeskanzler (designierter Bundeskanzler Friedrich Merz des 21. Bundestages) und entscheidender Bundestag (eben der 20. Bundestag) klaffen weit auseinander. Erstens ist Herr Merz nicht gewählt, die Regierungsgeschäfte zu führen, was er aber mit weitreichenden Konsequenzen schon tut und, zweitens, der 21. Bundestag hat keine Möglichkeit zu überprüfen, was denn der, eigentlich noch nicht gewählte, Bundeskanzler des 21. Bundestages schon treibt. Wenn Herr Merz die Regierungsgeschäfte führen will, dann soll er sich ehrlich machen und dafür sorgen, dass der neue, 21. Bundestag einberufen wird und er zum Bundeskanzler gewählt wird. Dann kann er handeln, gemäß den Mehrheiten die ihm das Volk gegeben hat.
Die derzeitige Schmierenkomödie, die auf der Berliner Politbühne dargeboten wird, ist unwürdig und sie hat weder mit Demokratie noch mit Verfassung irgendetwas zu tun. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hütet vielleicht noch den Wortlaut des Grundgesetzes, aber in keinster Weise die Gedanken des Grundgesetzes.
Johannes Kreis